Familien Reise Abenteuer


Frankreich & Sommertour 2016

Tibetisch-Buddhistischer Tempel im Burgund
Tibetisch-Buddhistischer Tempel im Burgund

Alp. Gletscher. Zwei Meere. Dazwischen das All.

Mitmachprojekte: Ein Bergdorf & ein Schloss.

Unser Fidibus überlebt.

Und ein Fest für Bildung ohne Schule.

 

Die Alpen endlich wieder wirken lassen, ein altes italienisches Bergdorf besuchen, unzählige Räume eines französischen Schlosses erkunden, am Atlantikstrand durchgepustet und am Mittelmeer baden gehen. Noch kurz Mir und ISS über die Schulter schauen…

 

… und am Ende unseres „Frei-Sommers“ zum Schulfrei-Festival bei Berlin.

 

Uuuh, bisserl viel für die paar Wochen.

 

Aber es ist eben nur diese Zeit rumzufahren und zu erkundigen – ein Alltag mit Terminen und Pflichten bindet uns.

Wir wissen, wir wollen wieder anders leben. Step by step tasten wir uns dahin.

Zwei Besuche stehen auf dem Plan: Orte, an denen Familien längere Zeit mitmachen können „Dieses Dorf Bordo aus dem Eurotopia-Buch … und das Schloss im Burgund - ein idealer Zwischenstopp auf dem Weg zum Meer..."

 

Zu Beginn müssen aber erst die Alpen sein. Hoch oben über der Baumgrenze auf dem Pass. Ein Bächlein rauscht, Pfade führen zu Kletterfelsen, Mini Seen laden in der prallen Tagessonne zum Erfrischen ein. Frische Bergluft, Nachbarn mit Kindern im Wohnmobil gesellen sich dazu. Hier in der Stille, Klarheit, rauher Natur und Einfachheit kommen wir - wie immer - zu uns.

Hinter dem Furkapass besuchen wir den Rhonegletscher. Im Eistunnel. Beeindruckend, wie klein er bereits geworden ist im Vergleich zu vor einigen Jahrzehnten.

 

 

Weiter gen Lago Maggiore, Domodossola. Wir suchen Bordo.

 

Schmale Serpentinstraßen führen ins Tal hoch. Hinein ins grüne Dickicht. Mit unserem schmalen FidiBus schaffen wir es sogar, die enge Waldstraße recht nah an Bordo heranzufahren. Das Dorf ist nur zu Fuß erreichbar. Hier wird Einfachheit gelebt. Urlauber kommen her und kehren immer wieder, Retreatsuchende, Buddhisten und Atheisten – alle sind friedlich zusammen. Gemeinsam wird angepackt - gleichzeitig in Ruhe und Natur aufgetankt und Alltag abgeschaltet.

Die Zimmer für Gäste sind wie das ganze Dorf herzlich gestaltet: Bett, Regal, Kamin, Stuhl, Tisch, ein bunter Teppich. Die jahrhundertealten Steinhäuser wurden und werden weiter renoviert. Eine kleine Lastenseilbahn führt vom Tal die Gepäckstücke hoch. Im Garten der Stille ist die Stupa. Tibetische Gebetsfahnen flattern im Gebirgswind. Essen gibt`s für alle zusammen. Offen und gastfreundlich werden wir aufgenommen. Ein lieber Schweizer nimmt sich Zeit und begleitet uns erklärend durch das Dorf. Anderthalb Tage tauchen wir in das gemütliche Bordo ein. Hier kann man die Zeit vergessen und einfach nur sein. So eine idyllische Ruhe sind wir gar nicht mehr gewohnt, aber bräuchten wir öfter in der schnellen, lauten Welt.

Wer Lust bekommen hat:  http://www.bordo.org/

Gesprochen wird übrigens hauptsächlich deutsch.

 


 

Am Mont Blanc entlang fahren wir weiter die kleinen Passstraßen nach Frankreich. Nahe Cluny, der alten Klosterstadt zwischen Lyon und Dijon, machen wir einen Abstecher nach Taize. Noah hat in Cluny den Messerladen einer bekannten französischen Messermarke für Kinder entdeckt, und ist kaum rauszubekommen, die haben aber auch interessante Modelle!

Vom Christlichen ins Buddhistische: Wir trauen unseren Augen nicht, als wir mitten im Burgund einen wunderschönen buddhistischen Tempel passieren: „Der Tempel der 1000 Buddhas“ Tibetische Mönche begegnen uns, alles ist bunt verziert und bemalt, wie wir es aus Asien kennen. Innen bestaunen wir die großen Statuen und detailgenaue, farbkräftige Bilder zum nicht satt sehen. Ein kleiner Käfer ist über das Sandmandala gehuscht. Nun ist`s seitlich verwüstet. Darf man nach buddhistischer Auffassung da eingreifen? Aus irgendeinem Grund liegt er tot neben dem Bild…

 

 

Nur ein paar Kilometer weiter erreichen wir „Fou de Fougerette“, das gesuchte Schloss, völlig versteckt am Dorfrand.

 

Durch den weiten Schlossgarten, am See vorbei kommen wir auf das Tor über dem Schlossgraben zu. Als wir hinein huschen hören wir schon Kinderrufe und Planschen. Ah, ein Pool! Noahs erster Weg führt schnurstracks ins Wasser, während wir uns von außen einen Eindruck machen, wie viele Zimmer wohl hinter der imposanten Außenfassade liegen.

 

Wir kommen in die große Eingangshalle mit Kamin und Sesseln, dahinter eine Treppe mit Empore. Es wirkt massiv, auch duster, aber auf jeden Fall gemütlich! Der große, helle Saal nebenan ist weit und leer, riesige Fenster und typische, herrschaftliche Schlossbilder hängen an den Wänden - wenn alle richtig rumhängen würden, wär`s zu langweilig! Der Megaraum ist natürlich ideal zum Holzeisenbahn spielen, Finn zieht mich schon auf den Boden. Der Speisesaal geht auch von der Eingangshalle ab, ein langer Tisch für alle, die Schlossküche schließt an. Flure und Wendeltreppen führen in die über 50 Zimmer in höheren Stockwerken. Teilweise sind sie schloss-haft möbliert, einige sind leer - renovierungsbedürftig. Hinter jeder Ecke, in jedem Winkel gibt`s was zu entdecken und bei jedem erneuten Durchgang finden wir wieder etwas, was vorher nicht auffiel. Künstler betätigen sich in den verschiedenen Zimmern, ihre ausgefallenen Ideen passen brilliant in die Schlossatmosphäre.

Zu tun gibt`s immer was. Ständig und überall. So ein großes Ding braucht einfach große Pflege. Drinnen. Draußen.

Dafür sind alle versammelt: die Hobby-Handwerker, die Zimmersleut, die Gärtner, die Köchinnen - jeder bringt sich mit dem ein, wozu er Lust hat und von dem Wissen und Fähigkeit gebraucht werden. Sein Handwerk in einem Schloss auszuprobieren hat einfach was ganz Spezielles. Das seelische Wohl kommt auch nicht zu kurz, regelmäßig werden Kurse oder Themenwochen angeboten: Spielen, Gewaltfreie Kommunikation, …  Der Garten ist reinstes Kinderparadies mit diversen Abenteuerecken, und immer mehr Gestaltungsideen nehmen Form an.

Wir sind nur auf Minibesuch und wollen einen Eindruck bekommen, was mit „Schlossbesuch in Frankreich“, den unsere lieben Züricher Verwandten regelmäßig abhalten, gemeint ist. Also: Entweder ist Tatkraft gefragt gegen Kost & Logis oder man darf Abschalten vom Alltag, hält die Hilfe eher gering und trägt selbst die Kosten. Wir versuchen uns etwas einzubringen: Simon hat Lust auf Zugbrückentürmchentürreparatur. Ich auf Schlossküche. Kochen für die Folgschaft mit einer super Köchin. Das Essen von ihr ist zauberhaft!

Wem gehört das Schlössle? Monika, Nikola und Mathilda! Schlossprinzessin Mathilda freut sich riesig über Kindergäste. Monika managt so ziemlich alles im Supertempo, und wie Frauen eben sind, hält den Überblick, weiß, wie es hier abläuft in Frankreich, was gebraucht wird, wie wo was wer.

Wir sollen kundtun: Permakulturgärtner werden gesucht! Wer nun dies liest und große Lust auf Fou de Fougerette bekommen hat: https://fougerette.wordpress.com/

Am letzten Tag bekommen die Kids eine Reitstunde im Nachbarort auf Französisch. Noah ist hin und weg von seinem Pferdchen. Der Franzose erklärt ihm, wie man ein Pferd zum Reiten vorbereitet. Natürlich in seiner Sprache. Wenn das nicht ein idealer Ort ist, französisch zu lernen!

 


 

Es ist wunderbar… aber gerade für uns nicht die Zeit zu weilen, wir drehen weiter unsere Ferienrunde.

Das Meer steht auf dem Plan!

Der Atlantik.

 

Ein Stellplatz in Strandnähe in der Megatourisaison, wow. Die Aufsicht lässt uns nicht rein, der Stellplatz ist proppenvoll! Ah, wir haben ein Kind, ja Moment, wir sollen uns an die andere Seite stellen und warten bis sie uns zuwinkt, dass ein Platz frei wird. Zum Glück bald. Da liegt er vor uns, der Atlantik. Aber umso näher wir kommen und dann die Dünen runter laufen, wird es kälter. Ein schneidiger Wind! Wo ist mein Pulli? Und das Wasser! Brrr… 15 Grad… was ist das denn? Früher war es doch immer warm! Die Strömungen haben sich verändert, erzählt uns die Strandwache. Nur kurz hält es uns hier.

Mit Kindern sind die Seen in der Nähe größeres Vergnügen: Zehn Grad wärmere Wassertemperatur, Sand, flaches Wasser und nur Miniwellen. Schwimmflügel an, Schlauchboot geschnappt und den ganzen Tag im Wasser verbringen. Was braucht man im Urlaub mehr? Auch hier ist der Stellplatz direkt nebenan. Als es nach zwei Tagen bewölkt und regnet, ziehen wir weiter.


 

„Das Mittelmeer ist nicht so weit weg, lass uns doch darüber nach Hause fahren!“ war die Idee, weil wir doch noch im Meer baden wollten.

 

Auf dem Weg durch Toulouse grinst uns eine Rakete an: Weltraumstadt!

 

Noah ist nicht zu halten.

Ein Weltraumzentrum für Besucher!

Der megaspontane Papa am Lenkrad biegt ab.

 

So fühlt sich das Laufen auf dem Mond an. Wir durchwandern die Raumstation Mir. Das sind die Unterschiede zwischen russischen und amerikanischen Astronauten. Das hat sich verändert in den Jahrzehnten. Verschiedene Raketentypen. Meteoriten mit klaren Metallstrukturen. Wie funktioniert Fliehkraft. Was essen Astronauten. Wie werden sie trainiert. Das Weltall. Unser Planet. Wie schläft man als Astronaut. Wie geht man auf Klo. Und alles.

 

 

Abends durch die mediterranen Hügel erreichen wir bei Sonnenuntergang das Meer.

 

Am nächsten Morgen schlendern wir über einen Markt. Durch die Camargue geht’s weiter zum schöneren Stellpatz in Wassernähe laut Stellplatzführer. Das Mittelmeer ist nicht weniger touristisch aber wesentlich wärmer und gut zum Baden. Obwohl eindeutig schrecklich ist, dass in eben diesem Meer viele Menschen qualvoll ums Leben kommen auf der hoffnungsvollen Flucht in ein besseres Leben!

 

Saintes Maries de la Mer ist eine Pilgerstadt für Zigeuner.

Die Heilige Sara ist ihre Schutzpatronin. Die schwarze Heilige in der Krypta der Kirche wird gestreichelt, umarmt und geküsst. Sie sieht wirklich etwas indisch aus, mit ihren seidenen bunten Stoffen. Zufällig komme ich zu ihr, als ich mir die Kirche anschaue und finde, sie passt auch zu uns. Wir Zigeunervolk :-)

 

Zeit ist hin und weg, heimwärts geht`s - aber vorher möchte uns das Navi noch kompliziert auf die Autobahn lenken. Ha, dafür aber mitten durch Melonenfelder!

 

 

Zuhause ist es auch schön.

 

Aber wir haben noch Ferien und die Jungs wollen zu Oma und Opa in den hohen Norden. An der Nordsee im Watt wird

Wattwürmern nachgejagt, im Moorfluss gebadet, alte Freunde besucht – in der Heimat sind wir immer busy…

 

Wieder daheim im Süden und keine Lust mehr auf Ortswechsel.

Aber...

... da liegen die Tickets für das längst ausgebuchte Schulfreifestival bei Berlin!

Sie erzählen uns, dass wir alle Infos, die uns mega interessieren, zusammengepackt bekommen können: Alternative Bildungswege zum (kulturell völlig selbstverständlichem nicht infrage zu stellendem) Schulsystem. Wir können Menschen treffen mit Erfahrungen über Leben ohne Schule, Jugendliche, Kinder, Familien und ihre Geschichten, warum und wie das geht.

Na gut. Das ist überzeugend!

 

Die Fahrt klappt prima. Wir haben nur die Kaffeemaschine vergessen, finden zum Glück in Ostdeutschland ein italienisches Modell. Simon muss noch tanken...

 

Dieses Mal will er extraguten Diesel bei Shell nehmen, weil wir unsere Restkanister aus Russland noch reingekippt hatten und wer weiß, was da mitgemischt war: Ab Tempo 110 Motor aus auf der Autobahn. Bei Shell gibt’s doch Fuel Save Power oder so was prima Klingendes. Das könnten wir zum Ausgleich tanken. Ja Klingklang.

Wir fahren weiter. Aber der Motor geht nach wenigen Metern dieses Mal bei Tempo 60 aus. Wieder an. Wieder aus. An. Aus.

„Schatz, ... hast du Benzin getankt?“

 

Unser Fidibus süfft. Er läuft unten aus, die Dichtungen halten nicht mehr. Simon ist sonst selten nervlich am Ende, eher, aber das ist so eine Situation, das tut einfach weh!

Die Prognose der Fachmänner, sobald wir den Motor aus hatten und wieder anstellten: Schlecht! Kopfschütteln. „Oje oje!“ Der nette Mann vom Abschleppdienst erklärt mir „Es ist so: Diesel schmiert wie Fett, Benzin frisst alles auf wie ein Reinigungsmittel!“.

 

Wir nehmen Platz in der klimatisierten Iveco-Lounge. Bekommen Kaffee, Kakao und Kuscheltiere geschenkt (Wirklich für die Kinder? Der Esel nicht für Simon? Für uns alle zum Trösten?). Gucken Fernsehen. Warum kommt ausgerechnet jetzt was über die Mongolei?

Währenddessen wird Fidibus ausgepumpt, gereinigt und dann angestellt, aber keiner glaubt, dass da noch was funktioniert. Aber was machen wir? Unseren Fidibus hier aufgeben?

Herrichten würde Unsummen kosten, wenn der Motor hin ist. Sch…, wir haben vielleicht keinen Fidibus mehr!

 

 

Aber… er springt an und läuft wie am Schnürchen!

 

Fast, als wär nichts gewesen.

Ein Wunder!

Nur eine Leitung ist durch und muss in Italien bestellt werden.

Die Nacht verbringen wir wartend in unserem Bus, dürfen sogar aufs Feld in der Nähe fahren, wenn es ohne die Leitung auch nur langsam geht. Am nächsten Morgen um halb sieben wird eingebaut und wir können abfahren! Mitnehmen tun wir den Schreck und 1500 Euro weniger. Das ist jetzt so.

 

Unsere Energie, zum Festival unter viele Menschen zu fahren, ist bei Null. Aber es ist nur knapp 200 km entfernt von hier und nach dem ganzen Weg wollen wir jetzt doch noch die letzten anderthalb Tage mitnehmen.

Der Wald vor Ort ruft mich als Erstes, zum Erden. Die Kinder kommen mit. Mich wundert`s, der Wald ist menschenleer, hätte gedacht, dass noch andere in den Wald gehen. Aber doch, da ist jemand… eine Hamburgerin mit ihrem Sohn in Noahs Alter, der nicht zur Schule geht. Sofort spielen die beiden drauf los und wir Mamas haben uns gefunden!

 

Und Tina und Kenia, Freunde von uns aus der norddeutschen Heimat, entscheiden sich spontan mitten in der Nacht einzutrudeln. Selten hat es so großen Spaß gemacht, ein Zelt im Dunkeln aufzubauen. Freunde nach so einem Malheur um sich zu haben ist genau das, was wir brauchen. Und der Besuch des Festivals lohnt sich: Workshops und Infoveranstaltungen, Vorträge zu Themen wie Abschlüsse, Leben ohne Schule, Rechtliches, Onlineschulen, Lerngruppen,…Spannend. Uns eröffnet sich sozusagen eine neue Welt mit unzähligen Möglichkeiten und weiterbringenden Ansichten. Verschiedene Erfahrungen, verschiedene Beweggründe, verschiedenste Menschen,… alle kommen zu dem schönen, kreativ gestalteten Ort zum Austausch, Zusammensein mit Gleichgesinnten und zum Feiern.

 

 

Durch Ribbeck im Havelland fahren wir zurück, um am nächsten Morgen wieder am Bodensee Noah aufzuwecken, der sich auf den Beginn seiner dritten Klasse freut. (Näheres zum „OhneSchule“ - Thema kommt auf unserer Webseite)