Familien Reise Abenteuer


Nepal 2023

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21. Juni 2023 - Agra, Indien - nun die Nachträge über Nepal!

 

5 WOCHEN KATHMANDU

 

Ab Varanasi in der Hitze der Gangesebene Nordindiens hatten wir nur noch Zielgerade Berge. Frische – wir kommen!!!

 

Die Straßen, wenn man sie so nennen kann, gaben nochmal ihr bestes, uns fertig zu machen. Für 70 km brauchten wir 3 Stunden. Dann hatten wir den Großraum Varanasi hinter uns.

 

Nepal wird straßentechnisch nicht besser. Nach der völlig chaotischen Grenze, in der man selbst für einen erfolgreichen Grenzübertritt sorgen muss (verschiedene Häuser, die verschiedene Stempel geben im immensen Straßenchaos finden), kommen Hammerpisten, aber endlich die Berge. Leute, wir sind von Südindien soweit nach Norden gefahren, bis die Berge kamen! Was für ein Gefühl, als sie auftauchten! Yeah!!!

 

Die Freude in der Bergwelt zu sein übertrifft zum Glück den Schrecken der Dauerstraßenbaustelle ÜBERALL in Nepal.

 

Endlich wieder mehr Vertrautes – vor allem das Klima! Aber auch die Kultur, wir werden nicht mehr als besonders angestarrt. Was DAS beides ausmacht im Wohlbefinden, bzw normal fühlen.

Fünf Wochen Kathmandu haben wir gut ausgehalten - mal wieder eine asiatische Stadt in der wir „hängen“ bleiben. Und wie immer mit Sinn. Reisebekannte sind da, ein „geschützter“ Stellplatz, der Entspannung und Versorgung bietet (sowas ist gaaanz wichtig in Asien). Eine Stadt, quirlig, aber entspannter Kultur und irgendwie „Lachen“ ausstrahlt. Bei uns das Übliche: krank werden gehört dazu (erst Erkältung, später Magen), ausruhen (keine Eindrücke sammeln), aufräumen und erledigen (was in indischer Hitze oder durch Holperstrecke geschoben wurde). Dazu Neues entdecken und ganz wichtig: Stärken durch gute Kost (Indien bot außer super Obst den Jungs nicht ihren Geschmack).

 

Auf unserem Stellplatz auf dem angenehmen Gelände bei Yeti Gear (samt Werkstatt) etwas außerhalb beim Flughafen (ja, wir müssen beim Reden wegen der lauten Flieger kurz innehalten) nehmen wir uns vor allem Zeit für Reisefreundschaften. Und dann macht jeder das, wozu er Lust hat. Dem Taxi sagen wir einfach „Pepsi Cola“ und dann weiß es, wo wir nach Hause hinmüssen. Neben unserem Stellplatz ist nämlich das Pepsi Cola Gelände.

 

Es ist ein Treffen von ca. 10 Overlander-„Teams“. Dass hier Kinder sind wussten wir. Natürlich supertoll, da wir seit Asien wenig andere Reisekinder trafen. Finn und Noah fühlen sich wohl, auch auf dem Platz, breiten sich aus, haben andere endlich mal wieder längere Zeit um sich. Finni freut sich, dass er deutsch sprechen kann. In Kathmandu finden die Jungs den Bauernmarkt super, dafür wird freiwillig gern am Wochenende aufgestanden – richtig gutes Essen ist einfach was Feines! Und das war für sie seit Asien zu selten, nur an Touriorten. Kathmandu ist der touristischte Ort. So viele Weiße! Der Wandertourismus boomt, alle wollen zu irgendwelchen Basecamps, Pässen,…Für uns ist das entspannt, es gibt gute Versorgung nach westlicher Art (eben auch kulinarisch) und wir sind nichts Besonderes mehr wie in Indien, wo uns alle angucken. Nepal ist dadurch auch ein teures Pflaster. Nicht unbedingt die Souvenirs, aber Sightseeing, Permits, Restaurants, Visakosten.

Overlander-Stellplatz bei Yeti-Travel östlich in Kathmandu:

Samstagmarkt bei Le Sherpa im Norden der Stadt:

Familienshopping in Thamel mit all den kleinen, spannenden Handwerksläden ist keine gute Idee, denn jeder will woanders hin. Besser in kleineren Gruppen als Familie ;-) Das Essen ist der Hammer, es gibt Unscharfes für die Kinder und natürlich nutzen wir die vielen westlichen Restaurants gerne, wobei das nepalesische Essen mit seinen fast schon chinesischen Nudelgerichten und Momos – gefüllte Teigtaschen mit Huhn, Beef oder Gemüse – auch verwöhnt. Leute, wir brauchten das. Indien war echt ne Nummer, alles, emotional, der Chaosverkehr, die Hitze, die Kultur mit wenig Respekt für Privatraum, das scharfe Essen. Wir müssen da nochmal durch für den Rückweg. Durch China stellt sich als unklar dar, ob wir mit unserem Hab und Gut zugelassen durchreisen dürfen, der hohe Preis des Begleiters und ob wir überhaupt ein Visum bekommen.

Einkaufen in Kathmandu...

Essen...

Nowi und Finn wollen erst hüpfen (das haben wir in Indien als Hitzealternative kennengelernt: Indoorhüpfburgen sind schön kalt!), dann wollen sie klettern (im Kletterwandcafe hoch bis zur Glocke), shoppen (Kukrimesser, Tim und Struppi in Nepal auf der Spur, immer mit auf den Wochendmarkt der Bauern) und eher nicht mit zum Sightseeing, lieber radfahren und Beeren sammeln auf dem Gelände.

Kletterwandliebhaber...

Simon und ich finden alte Orte von 2002 wieder und staunen mit den Nepalesen, die sie noch kennen, gemeinsam. Ja, mein Computercafe, von dem aus ich Vorgereiste damals zu Simon nach Varanasi Emails schrieb, gibt es noch!! Und wir entdecken unseren Raum von damals ganz oberste Etage.

 

Ich mach Sightseeing, shoppen, Leute kennenlernen. Rede über das Erdbeben in der Stadt, treffe Kolleginnen und lerne die Geburtshilfesituation in Nepal kennen.

 

Simon währenddessen widmet sich voll und ganz dem lieben Fidibus. Wir stellen fest, 400.000 km hat unsere treue alte Dame jetzt auf dem Buckel, 10 x um die Erde.

 

Simon richtet:

 

Mal wieder die Lichtmaschine.

 

Den Ladeluftkühlerschlauch.

 

Den immensen Ölverlust (4 l bei 30 km) – Ursache Motoblockdichtung

 

Und dann: Es brennt!

 

Simon putzte mit Wasser den Motor nach einem Jahr, am nächsten Tag liegen wir mit Übelkeit im Bett und die Nachbarn rufen „Es brennt! Schnell, Motorhaube auf! Euer Bus brennt!“ Simon in Unterhosen mit Bauchkrämpfen klapprig raus, zum Glück die Flamme mit Puste aus, alles andere hätte geschadet! Ursache: Zu viel Waschen ist auch nicht gut! In einem bereits vor unserem Erwerb 2004 reparierten Kabel (wussten wir bis dato nicht) der ABS Bremse sammelte sich Wasser, Kurzschluss. Bäm. Stucked again, wanted to leave the next day, haha, we should stay much longer, never mind, we love Kathmandu.

 

Vier Augen sehen bekanntlich mehr - bei meinem Dachcheck, den ich eher selten durchführe, entdecke ich einen Karosserieriss. Wir sind also in bestem Zustand für die Rückreise. Natürlich noch mit integriertem megakrassem Pistenumweg nach Mustang. Watt mutt datt mutt! Diese heftigste Piste ever mit unserem Familienhaus auf Rädern bekommt einen nächsten Blogartikel.

 

We are! Familienreiseabenteuer. Feels like this in Mustang.

Kathmandu Sightseeing:

 

Der Affentempel „Swayambhunath Stupa“ liegt erhöht über der Stadt. Super Ausblick. Tolle Affenbeobachtungen. Colatrinkende, eisschleckende Affen und so.

 

Die große Stupa „Boudhanath“. Prächtige Atmosphäre im tibetischen Viertel. Eine Stupa soll Buddha darstellen. Gläubige drehen Gebetsmühlen im Uhrzeigensinn.

 

Der große Shivatempel „Pashupatinah“ neben dem die Toten verbrannt werden und man einfach zuschauen kann. Beeindruckend. Daneben wohnen seit Jahrzehnten die heiligen Sadhus.

 

Diverse „Durbar Squares“, alte Tempel mit wunderbarer Ausstrahlung in verschiedenen Vierteln, Museen dazu. Es gibt dort noch lebende kindliche Göttinnen, die Kumaris, die nur getragen werden und aufgrund ihrer Merkmale („Wimpern einer Kuh“, „Schenkel eines Rehs“, „Hals wie eine Muschel“, „Brust eines Löwen“, „Körper wie ein Banyanbaum“) wie bis zu ihrer Menstruation Göttinnen sind. Da wir damit nichts anfangen können und uns diese Mädchen leid tun, interessieren wir uns nicht näher.

Stadteindrücke...

Der "Affentempel" über der Stadt...

Sightseeing...

In Nepal ist es angenehmer für uns trotz der immer noch fremden Kultur. Die Frauen sind gleichgestellter und wir legen unsere harte, robuste Art ab, die wir uns in Indien angeeignet haben, besonders ich als Frau. Seit Pakistan habe ich mir angeeignet, bestimmend, anleitend und oft forsch oder laut zu sein. Nicht leise, still, zulassend. Das wirkt und ich fühle mich sicherer.

 

Jedes Gesicht in Nepal strahlt so viel aus, dass ich es festhalten möchte. (Ich mag aber Gesichter fotografieren nicht - aus Respekt) Die Menschen lachen. So richtig von Herzen. Und in Gesprächen sagen viele selbst, dass sie glücklich sind hier zu leben, trotz aller Lebensumstände.

 

Kathmandu ist für mich eine Stadt, in der ich mich wohlfühle, dass ich bleiben könnte.

Einen Tag zieh ich alleine los...

Morgens im größten Maternity Hospital in Nepal zu Besuch bei Kolleginnen. Ich bin im Geburtsraum, mehrere Geburten hinter Vorhängen auf Liegen, für mich ein vertrauter Ort, egal wo auf der Welt - ähnlich. Und stets verbunden mit den Kolleginnen. Wäre ich eher auf die Idee gekommen hätte ich einige Zeit mitarbeiten können. Die Kolleginnen sind zugewandt und aufgeschlossen, beantworten gerne Fragen und ich ihre. Geburtshilfe in Nepal hat nicht die Facilities, die ich aus den deutschsprachigen Ländern gewohnt bin. Den Geburtsraum erkenne ich daran, dass mir daraus freudig angespannte Männergesichter entgegen kommen (ein Gesichtsausdruck der mir von männlichen Geburtsbegleitern bekannt ist). Ich muss schmunzeln und freu mich. In Asien eh hoch, gibt es auch hier hohe Sectiorate. Aber in diesem Geburtsraum sind die Geburten ohne Arzt, die Frauen bekamen vom Arzt einen Bescheid ausgestellt, hier gebären zu können. Einfache Liegen, ohne Schmerzmittel (aüßerst seltene Verabreichung im Vgl zu Europa), höhere Sterberate bei Neugeborenen. Frühchen können nicht so gut versorgt werden wie in Europa, die Chancen von Beginn an sind ganz anders. Aber die Hebammen mit Herzblut dabei, sie lieben ihre Arbeit – das strahlen sie aus. Die Gebärenden meist zwischen 20 und 30, in den Städten nicht mehr alle verheiratet. Ich las, auf dem Land gründen sich Geburtszentren, da die Frauen als unrein galten und zur Geburt in den Stall mussten. Zu viele Fragen möchte ich bei meinem Kurzbesuch natürlich nicht stellen.

Von den Geburten ging es direkt zum Tempel an den Fluss, wo die Toten verbrannt werden. Auf dem Weg an diesem Tag zwischen Geburt und Tod sah ich Leid, so kam ich mir vor als würde ich im Buddhismus wandeln, der das Leid im Leben betont. Ein blinder Junge mit leeren Augenhöhlen am Wegesrand, der sang und auf eine Schelle haute. Hinter ihm Männer. Er sammelte Geld. Die Leute gaben ihm einiges. Ich kaufte ihm einen Mangodrink und hielt ihm den Strohhalm, dabei sah die Narben links und rechts an seinen Augen. Es sah wirklich so aus, als hätte er dort heiße Flüssigkeit reinlaufen gehabt. Wie in dem Film „Lion“. Ich war schockiert. Versuchte mit den Männern im Hintergrund zu reden, aber sie hatten so gar kein Interesse mir zuzuhören. Typisch indisch. Frauen wird oft nicht zugehört und Fragen, die man nicht hören will, werden nicht gehört. Ignoranz. Wut in mir. Aber was soll ich tun? Den Jungen, der so manipuliert ist und nicht auf Englisch kommunizieren kann, da rausholen? Dieses Gewaltnetz, was dahintersteckt ist eine ganz schöne Nummer. Ich ließ die Situation hinter mir, obwohl sie mich sehr bewegte. Weiter zu den Toten. Der Geruch der verbrannten Körper steigt mir früh in die Nase. Die ganze Luft ist verraucht. In Varanasi hab ich das nicht stark wahrgenommen. Nun erinnert es mich prompt an Blue, den wir in Pakistan verbrannt haben. Unser Blue! Sein schneller, geschmeidiger, junger Körper in den Flammen – es war so furchtbar. Kommt an diesem Ort wieder. Erinnerungen an Verstorbene, nahe Seelen. Die Atmosphäre ergreift. Und auch: Morgens Geburt, abends Tod, dazwischen Leid. Nun meine Sinne, der Geruch, vor mir nackte, tote Körper, die ein letzten Mal gebadet werden von ihren Angehörigen. Man kann als Besucher genau gegenüber sitzen und dem Geschehen sehr nah beiwohnen, gemacht für Zuschauer. Hunderte sitzen dort. Ich sitze eine ganze Weile, dann ziehe ich weiter, an Leprakranken vorbei, die mir ihre Stummel hinhalten. Schließlich komme ich zu einem angemalten Sadhu, ein Anhäger Shivas, der seit Jahrzehnten in einem kleinem Monument neben dem Tempel wohnt. Er hält seine Hand hin um mich auf seine Art zu segnen, murmelt dabei „Om Namah Shivayah“. Was für eine abgefahrene Welt. Ich rede etwas mit ihm, er führt mir seine Holzlatschen vor, die nur durch einen Knopf am Zeh am Fluss halten.

 

Bevor es dunkel wird schwing ich mich auf mein bestelltes Motorradtaxi. Die beste Art der Fortbewegung, der Wind, die Stadt rauscht vorbei… bis ich wieder dankbar in unserem vertrauten Miniheim bin, Zuhause irgendwo in der Welt.

Ein Tag von Geburt bis Tod in Kathmandu...