Der Bewohner der Regeninsel klappt seinen Kofferraum auf und greift nach den Wellies.
Eins ist sicher: Jeder Bewohner der Regeninsel hat Wellies im Kofferraum.
Diese Beobachtung haben wir gleich zu Beginn gemacht und sie wurde immer wieder bestätigt.
Wellies und Kofferraum gehören zusammen, ob es nach Wolkenbruch aussieht oder nicht.
„Da hinten sind so leckere Kirschen am Baum, da musst du hin mit den Kindern!“ sagte der Schotte, der uns am ersten Tag in Schottland im Steinkreis Whiskey anbot. „Vor dem Zauntor ist es ein wenig matschig, aber kein Problem!“
Kirschen - lecker! Also los. Nur dieses „wenig matschig“ vor mir, was für ihn offensichtlich normal und kein Problem war, erwies sich für mich als unmöglich hindurchzukommen. Zumindest mit meinen Bergschuhen, die ich trug, die hoch gummiert sind. Da ahnte ich schon... Der Regen wird was Besonderes - für uns - für die Schotten hingegen völlig normal. Noah hatte fürs Angeln gerade Gummistiefel bekommen, Finn hatte auch welche. Ich war halt eingeschränkt, so ohne Wellies.
Es war eine verrückte Idee, im August nach Schottland zu fahren und dort bis Oktober zu bleiben. Als wir dann die Fähre zu Festlandeuropa zurück hinter uns hatten, mussten wir das Ganze erstmal verdauen.
Viele Länderwechsel hatten wir im Sommer. Im Juni waren wir noch in Spanien, dann Frankreich, Deutschland, Belgien, Frankreich, die Fähre über den Ärmelkanal genommen standen wir nahe Canterbury und vor unserem Bus jagten englische Reiter aus dem Dickicht. Kurz darauf entschieden wir uns spontan, dem Autobahnschild „Sherwood Forest“ zu folgen und landeten zufällig auf dem jährlich stattfindendem Robin-Hood-Fest mitten im legendären Sherwood Forest.
Der Wald ist beeindruckend mit seinen uralten Eichen, einige Exemplare hat Robin Hood sicher leibhaftig gesehen. Wir konnten uns gut vorstellen, wie Robin Hood mit seiner Bande dort lebte. Das Fest entpuppte sich als buntes Mittelaltertreiben. Unseren Jungs hat es besonders der Alchemist mit seinen Zaubereien angetan. Der seinerseits freute sich, vom echten unterirdischen Alchemielabor – Museum in Prag (was wir echt cool fanden) zu hören.
Ja, zu Beginn gab es gute Wettertage und wir trafen auf eine deutsche Familie nach der anderen. Egal wo, ob bei Robin Hood oder im hintersten Farnwaldeck über Loch Ness, Deutsche unterwegs treffen macht Spaß.
Besonders wenn man auch die Strapazen des Familienreisens miteinander teilt: Wir sind nicht die Einzigen, die es nicht vormittags schaffen loszukommen, es läuft auch bei anderen chaotisch, langsam, eng, streitend, und abends hundemüde ins Bett fallend ab wie bei uns. Andere Jungsmamas rufen mindestens genauso oft wie ich „Vorsicht und Nein!“ Sich irre fühlen ist eben ganz normal.
Ob Festwohnsitz oder Nomadenleben, Vor- und Nachteile wägen wir immer wieder ab. Unsere neue Lebensart bringt uns viel, was uns wichtig ist. „Lucky you“, sagte ein sehr alter Engländer auf dem Parkplatz eines Vogelschutzgebietes zu unserer Familienunternehmung. Das Vogelzentrum war was echt Schönes: Frühmorgens setzten wir und in die Holzhütten auf Schaffellbänke, eingehüllt in kuschelige Wolldecken und guckten durch Ferngläser die großen Glasscheiben raus vor uns auf den See. Wir hatten Zeit, all die Vögel zu beobachten, die dort rasteten, angeflogen kamen und loszogen. Es war wunderschön neben meinem Sohn zu sitzen, ganz in Ruhe, von seinem Vogelwissen zu hören, seinen Beobachtungen und Erklärungen zu lauschen – ein großes Geschenk. Als seine Ohneschulzeit begann, verbrachten wir einen Ausflugstag auf der Insel Mainau, da gab es eine Ausstellung zu einem Zugvogelprojekt, das von oben überwacht wird, irgendwas hatte das mit Alexander Gerst zu tun, was weiß ich nicht mehr. Auf jeden Fall lernten wir dort ein super Vogelführer-Buch kennen, das Noah nun intensiv begleitet.
Noah freute sich megadoll, dass ihn sein guter Freund in Schottland besuchte. Nessie ließ sich leider nicht angeln von den beiden, aber sie schafften tatsächlich im schottischen Wetter und rutschigen Gras einen fast 1000 Meter hohen Berg zu erklimmen! Topleistung! Statt der verdienten Ruhepause abends wurden sie am See von Midges gequält, von denen beim Abendessen die ganze Luft nur so wimmelte. Plageviecher, die alles pieken was sie kriegen können! Die Jungs erlebten gemeinsam echtes Abenteuer. In den Nächten hatten wir ein drittes Kind im Bus, während der liebe Papa es sich auch mal im Auto bequem machte. Fish & Chips wurde ab dem Zeitpunkt Regeninsel-Leibgericht für meine drei Männer.
Danach kam die Ruhe, ohne gleich das Nächste im Kopf zu haben. Nach vielen Wochen Länderwechsel und Menschen treffen gabs nun keine Termine vor uns. Hängematten raus, die Sonne traute sich, ein idyllischer Fluss vorm Bus, der Blick ins Grüne, der Wald voll Pfifferlinge - kiloweise, Lagerfeuer…und Midges.
Bis hier keine häufigen Gedanken an Wellies. Aber die Jungs trugen ihre schon täglich.
Örtlich hatten wir das Fringe-Festival in Edinburgh hinter uns, umrundeten Loch Ness und schnupperten Highlands-Luft, bevor wir Richtung Hebriden fuhren, auf eine kleine Insel.
Kaum sind wir auf der Fähre, wird es düster. Ein bisschen unheimlich wie wir mit unserem Bus ganz vorne stehen und die Luke dann auch noch so früh runterklappt… Auf jeden Fall sind wir abseits der Hauptrouten von grünen Wiesen mit Schafen umgeben, es gibt nur eine einzige Inselstraße, einen kleinen Inselladen, in dem es lustig hergeht. Die Verkäuferin trällert mit einer anderen Kundin bester Laune ein Lied, an der Kasse kommentiert sie fröhlich meinen Einkauf und erzählt mir über die Künstlerin der Insel, deren Postkarte ich kaufte. Ich mags, persönlich sein - verbunden mit Lachen. Das Ende der Insel ist nur zu Fuß zu erforschen. Nach 20 Jahren bin ich wieder hier. Ein Wanderpfad führt bei Nieselregen durch Wald, Sumpf und Gebüsch bis wir sehen, ob wir Glück haben oder nicht: Ja! Es ist Ebbe! Wir können rüber! Über die Algen zum Eiland. Die standhaften und wettertrotzigen Häuser sind noch gepflegt. Und bald wieder zurück, bevor die Gezeiten uns den Weg versperren.
Mit Wellies hätten wir die Wanderung ohne klitschnasse Beine geschafft. Die Wolken ziehen schnell und werden grauer bis tiefgrau.
In Portugal und Spanien klangen einzelne, wenige Regentropfen wie ein Lied. Jeder einzelne Tropfen wurde wahrgenommen, wie er aufs Busdach fiel. Es waren ja nicht viele. Nun hier in Schottland kann ich das Geräusch nicht mehr hören, es ist dauernd da, nachts fast immer, tagsüber häufig. Viele Tropfen, unzählige, unterschiedlich dick, oft dicke. Es ist alles durchweicht, unser Bus wird gar nicht mehr richtig trocken, sogar bei geschlossenen Fenstern und passendem Seitenwand regnet es rein oder es bilden sich Regenblasen an der Fensterschiene innen!
Für uns heißt das: Rein in den Bus, unser Haus! Mini für vier Personen! Das ist so ein Zeitpunkt, wo wir`s merken. Unser Bus hat noch nicht mal Wohnmobilgröße.
Die Phase „wir wollen nach all den Vielfahr-Reisemonaten innehalten“ kommt also parallel zu „Bad weather“ in Schottland. Jaja, doofe Idee von vornerein. Als „Erfahrene“ mit Schottlandbesuchen um die Jahreszeit war ich wohl Meisterin im Schönreden. Wir hätten Schottland gar nicht… aber nun durch da. Und das sind wir.
Es konfrontierte uns auf neue Art. In der Enge dauerhaft zu viert im grauen Wetterschlammassel setzt man sich auseinander und dann eben zusammen, wir haben ja Zeit. Wir sind also geübte Meister in der Bezwingung doofer Ideen, kann man vielleicht so nennen. (Mehr dazu unter „Tiefhängende-Wolken-Magie“ später)
Unsere Idee, den Winter „da oben“ zu bleiben, oder in Skandinavien, wurde vernichtet und zu „Winter in der Sonne“ umgedichtet. Nur wir selbst können die Veränderung machen, die wir wollen. Aber wir wollten nicht gleich schon fliehen. Wenige Ideen für eventuelles Bleiben auf der Regeninsel: Workaway, nein - das Wetter. Einmieten, nein - ziemlich teuer. Findhorn, eine ökologische Dorfgemeinschaft mit einer Vielzahl an Projekten, nein – immer noch das Wetter und die Stimmung passen nicht. Kurz besuchen wir Faslane Peace Camp, ein seit Jahrzehnten aktives Projekt gegen die Atom-U-Boote mit Trident Raketen und gegen die Milliardeninvestitionen, die für deren Erhalt sorgen. Hiroshima Opfer haben auf dem Peace Camp einen Kirschbaum gepflanzt.
Die Nordroute 500 wollen wir noch fahren - nicht die ganzen 500 km, weil wir einen Teil zu Beginn schon hatten. Die Landschaft ist beeindruckend und vielfältig. Fjorde, weite Täler, Flüsse, sattgrüne Highlands mit ihren Disteln, Castles, moosige Wälder. Im hohen Norden ist es baumlos, an leeren weißen Sandstränden beäugen uns neugierig die Robben, tauchen vor uns auf und beobachten genau. Delfine sehen wir nur einmal von weitem. Regenbögen gehören zu Schottland. Dudelsackmusik hören wir aus verschiedenen Ecken, die passende Schottenrocktracht gehört dazu.
So ganz alleine wie wir uns an manchen Stränden fühlen, sind wir doch nicht, nachts meldet sich Simon „Ich hab gerade neues Internet. Da fährt ein Kreuzfahrtschiff vorbei.“ Wellen rauschen neben uns, der Vollmond hinterlässt eine Mondspur im Wasser und auf dem Meer draußen sehen wir die Lichter eines Kreuzfahrtschiffes.
Im hohen Norden ungeschützt mit dem Camper zu stehen bedeutet, seeeehr windige Wackelnächte, alles schaukelt hin und her, es zieht, es ist stürmisch laut, es zappelt und pfeift, schlafen nö. Den Kräften der Natur sind wir ausgesetzt. In Kleinstädten ist es wieder geschützter.
Als Womo-Familie (ohne ständig Campingplatz) in Schottland unterwegs vermissen wir Leichtigkeit: Es gibt keine Versorgungsstationen, wie wir sie aus Festlandeuropa kennen, Ent- und Versorgung gibt’s nur – wenn überhaupt - auf Campingplätzen, für mindestens 5 Pfund. Einige Campingplätze sind ausschließlich für „Grown-Ups“, entleeren wir dort unsere Tanks, wird gesagt „Kids stay inside the bus and keep calm!“ Immerhin: Wasser tanken wir kostenlos an den Häfen, wo die Schiffe auffüllen. Waschmaschinen gibt’s auch nicht an Supermärkten, aber wir finden Waschsalons in den Städten.
Überzeugt zu essen haben uns nur die Baked Beans. Black und White Pudding sind hier Fleischsorten. Simon probiert aus Versehen Haggis, Schafsmagen und bleibt folglich bei Fish & Chips und Irn Bru. In den Supermärkten ist Obst und Gemüse in extrem viel Plastik eingepackt, es tut richtig weh einzukaufen. Nach jedem Einkauf überprüft Noah die Stapelhöhe des Plastikmülls in unserem kleinen Bad.
Schottland bedeutet Linksverkehr und Mitarbeit vom Beifahrer. Es bedeutet „Single Track Roads“ mit Ausweichstellen. Einen netten Stellplatz in der Natur zu finden ist nicht einfach, die Highlands haben an sich wenige Wege oder Gelände ist umzäunt. Geschwindigkeiten von 15 oder 30 mh sind üblich – übersetzt für unseren Tacho sind`s 24 oder 48 kmh. Die „Attention Low Brigde“ Schilder ignorieren wir, da es auf der Insel einen anderen Maßstab gibt als in Festeuropa und hier höhere Lkws rumkurven.
Finn hat gar keine Lust mehr bei dem Wetter raus zu gehen, Noah will in den Süden, das Angeln überzeugt ihn nicht in Schottland: Ungemütlich und wenn eine Robbe neben der Angel auftaucht, sind die Fische meilenweit weg. Er blättert in englischen Angelkatalogen und schreibt Fischnamen, Rutenarten und was es da alles gibt auf Englisch in sein Buch ab. Es ist seine Art, Englisch zu lernen. An Finns Geburtstag haben wir Glück, die Sonne strahlt, er liebt neuerdings die Skaterbahn und wir gehen ins Freizeitbad.
Auf dem Felsen über der Straße entdecken wir zwei Prachthirsche! Aber die irritieren mit ihrem Verhalten … sie rennen nicht fort, als wir näher kommen, wirken zahm und verpeilt… Kurz darauf fahren wir an einem Parkplatz mit 20 Leuten in Warnwesten vorbei. Aha. Die schönen Tiere werden heuten Abend nicht mehr leben. Schottland ist bekannt für Jagd. Noah und ich machen allerlei Pläne, wie man die Tiere retten könnte. In Schottland ging es immer schon heiß her mit Jagd. Auch an die Geschichte der Landvertreibungen, Krieg und Clanfeindschaft zeigt sich an vielen Orten. Mit den Schotten, denen wir begegnen, fühlen wir uns auf jeden Fall wohl, die haben einfach guten Humor.
Eine besondere Begegnung haben wir in Glasgow. Finn lernt zufällig eine Heilerin kennen, die uns einlädt. Mir wird mal wieder klar, was für ein großes Geschenk Menschen sind, die für einen sorgen, sich von Herzen bemühen und das Beste für jemanden wollen. Und: Die besten Dinge des Lebens kosten nichts.
Magisch wirken auch all die Steinkreise auf uns, die wir besuchen.
In Summerset, Südengland, lernen wir Glastonbury kennen, das einmal Avalon gewesen sein soll und wo sich König Artus Grab befindet. Die Gegend weist wirklich besondere Merkmale auf, einige Hügel erheben sich seltsam, Monolithen stehen angeordnet in der Landschaft. Muss man wirken lassen. Trotz Dauerregen faszinierend. Sich nicht von Esoterikerin beeinflussen lassen, selbst wahrnehmen.
Neben Stonehenge übernachten wir, lassen Atmosphäre wirken, und beobachten tagsüber Touristenströme und nachts Nachtwächter, die mit ihren Taschenlampen das umzäunte Gebiet ableuchten. Geheimtipp: Falls man als Familie nicht mindestens 80 Pfund Eintritt zahlen möchte für einen Besuch, an dem man eh nicht direkt zum Steinkreis hingelangt, lohnt sich der Weg am umzäunten Gelände entlang, man ist fast genauso nah dran wie die anderen. Einfach die Pforte auf der Wiese rein.
Es lohnt sich, die verschiedenen Abfahrorte und Preise der Ärmelkanalfähen zu vergleichen, am letzten Abend gaben wir unsere letzten Pfund beim Inder in Newhaven zu zweit aus, die Kinder guckten vor der Tür im Womo einen Film. Newhaven lohnt sich, auch die Umgebung.
Übrigens nein: Wir sitzen nicht mit Wellies beim Inder, wir Großen haben uns keine besorgt!
Und endlich: Frankreich! Festlandeuropa!
Rechtsverkehr…
Und Regeneration im schönen Herbst mit Stein- und Parasolpilzen frisch aus dem Wald, Baguette und frischen Weintrauben, Waschmaschinen und Busversorgung total easy. Die Räder werden wieder hergerichtet, die Jungs freuen sich. Im Pinienwald am Atlantik bauen sie mit anderen Kindern Hütten. Wir entchaotisieren die Schränke und trocknen seit Wochen von der Sonne. Hier gibts auch Regen, aber in anderem Maße und vor allem mit umso südlicher, umso mehr steigt die Temperatur!
Den Atlantik entlang huschen wir nach Spanien, ganz schnell nach Andalusien durch und machen da „Winterpause“.
Als wir dann auffällig oft „Wir lieben den Bodensee“ von Papis Pumpels hören, merken wir, dass die Zeit reif ist für ein Wiedersehen mit Familie und Freunden, zwar nicht ganz am Bodensee, aber in Norddeutschland.
Die Magie der tiefhängenden Wolken
Mit Wellies wären wir in Schottland mehr rausgegangen?
Ich glaube nicht.
Ich glaube, dass es wichtig war, drinnen gemeinsam zusammen zu hocken.
Wir hatten Langeweile. Ich vermisste das reiche, bunte, laute, schnelle Leben und andere um uns, Abwechslung. Auf unsere Reiseweise waren wir in Schottland ziemlich isoliert unterwegs. Wir ließen die Langeweile zu und versuchten, sie nicht als etwas Negatives zu betrachten. In der Langeweile wird klar, was sonst verborgen liegt. Man ist sich selbst überlassen. Wird anders kreativ. Ich wurde demütiger.
Wie wir unter gegebenen Bedingungen ein schönes, gemeinsames Reiseleben haben wollen, dafür ist die Teamfindung wichtig. Nach Monaten unterwegs fand diese Findung den Höhepunkt in Schottland: Wie funktionieren wir am besten? Nur wenn wir ehrlich sind, wenn wir Respekt üben auf kleinstem Raum ohne große Rückzugsmöglichkeit für den Einzelnen, Bedürfnisse ernst nehmen, klare Abläufe und Regeln einhalten, macht es Spaß.
Wir verglichen auch die verschiedenen Lebearten, die wir kennen: Das Leben zuvor in Deutschland und nun hier unterwegs. Ist Vergleichen mit etwas völlig anderem überhaupt sinnvoll? Auf jeden Fall nicht in dem „Besser- Schlechter Vergleichsschema“. Aber es zeigt, was wir verändern wollen. Wir wissen, dass wir bisher zu schnell unterwegs waren, in Zukunft mehr innehalten und Ortstiefe und Menschennähe leben wollen.
Über Jahre hinweg planten wir bewusst, was wir jetzt machen: Mehr Zeit zum frei gestalten, die Chance dabei ruhiger zu leben, mehr Zeit als Familie und für Interessen zu haben, mehr dem Bauchgefühl zu achten.
Im Alltagstrubel waren wir seltener zusammen, der Terminkalender stets voll, Ruhe und Gelassenheit fehlten, es war ein Muss in vielerlei. Zeitenhetzerei, Zwang und Druck - diese Ausdrücke möchte ich nicht benutzen, das klingt ne Nummer zu groß. Wir haben das Leben so, trotz Schnelligkeit, unheimlich geschätzt.
Wir entschieden, unsere Kinder aus ihrer gewohnten Umgebung zu nehmen. Dieser Riesenact war lang überlegt. Der Wert von „Mit Kindern die Welt entdecken“ wog für uns irgendwann mehr, denn länger als einige Wochen Reisen waren im Alltag nicht drin. Bis jetzt ein Augenöffnen und dankbares Erleben. (Für „Mit Kindern die Welt in Alltagstiefe entdecken“ sind wir genauso dankbar)
Teile unseres „alten“ Lebens mitzunehmen ist eine Herausforderung. Verzicht auf vertraute Umgebung und Menschen ist beim Reisen inbegriffen und ist mal völlig in Ordnung und mal weniger schön. Unterwegs muss man auch erstmal den Kurs finden, den man machen will und den Druck, der einem gut tut, muss man selbst erschaffen. Unter Druck entstehen Diamanten. Ist auch übertrieben, aber selbst die Füße in die Hand nehmen braucht`s. Das Freunde- und-Familien-Vermiss-Thema ist mal stärker, mal weniger ausgeprägt und wird je nach Charakter anders gehandhabt.
Unsere Reise wird geleitet von all diesen Faktoren.
Solche in-Tiefwetterlage-rumsitzen-Momente kratzen. Da kommt`s hoch. Es ist wichtig, sich das anzuschauen und abzuwägen, daraus neu zu schaffen. Und in Balance zu bleiben, nicht runterziehen lassen vom Wetter oder äußeren Faktoren oder Schwierigkeiten. Probleme sind zum Lösen da. Plötzlich kommt die Sonne eben doch raus, die Pracht eines knalligen Regenbogens verzaubert oder die Farbspiele der Natur sind einfach ein Wunder!
Am Schönsten ist es wenn alle Schafe gemeinsam in der Sonne leuchten
Seitdem gibt’s übrigens wöchentliche Familiensitzungen, in denen jeder den anderen was sagt, die konstruktiv sind. Ganz im Sinne der Rainbow Gatherings ;-)
Übrigens bringen solche Gedankenkonstrukte die großen Leute hervor, den jungen an Bord ging es recht gut, außer dass den Jungs das Wetter reichte, kein Bock mehr auf kalten Matsch, mehr Kindertreffs und Abwechslung gut gewesen wären. Indoorspielräume und Museen brachten Schwung.
Bingo Bongo.